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AHV-Stolpersteine und Sozialversicherungsfallen

Wie werden Selbständige in der Sozialversicherung behandelt? Hier gibt es grosse Unterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland. Daher muss man nördlich und südlich des Bodensees aufpassen, dass es keine unliebsamen Überraschungen gibt.

Selbständige müssen in der Schweiz - genauso wie Lohnempfänger - in die Sozialversicherung zahlen. Der grösste Posten geht an die AHV, die Rentenversicherung. In Deutschland gibt es für die allermeisten Selbständigen dagegen keine Sozialversicherungspflicht. Lediglich bei einigen Berufsgruppen, wie bestimmten Freiberuflern, Hebammen oder Handwerkern, sind auch für die Unternehmer Rentenversicherungsbeiträge abzurechnen. Das Gros der Selbständigen regelt seine Versicherungsangelegenheiten aber privatwirtschaftlich. Als Selbständige gelten im deutschen Sozialversicherungsrecht übrigens auch die rechtlichen Organe von Gesellschaften wie GmbHs oder Aktiengesellschaften (Geschäftsführer, Vorstände, Verwaltungsräte), zumindest wenn eine Mehrheitsbeteiligung besteht. Bei Anteilen zwischen 25% und 50% kommt es oft darauf an, wie das Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist.

Wenn man nun in der Schweiz und in Deutschland wirtschaftlich aktiv ist, so ist natürlich die grosse Frage welches Sozialversicherungsecht gilt. Die Länder der Europäischen Union sowie der EFTA und die Schweiz haben sich auf einheitliche Regeln für die Zuordnung geeinigt, so dass man immer nur in einem Land der Sozialversicherung unterliegt. Das ist anders als bei der Steuer - hier gibt es überlappende und geteilte Besteuerungsrechte zwischen den Staaten. Da das Leben bunt sein kann und viele Konstellationen bereit hält- man hat in den Sozialversicherungsregeln versucht, möglichst für alle eine Regelung zu finden. Die Ergebnisse sind eindeutig - aber manchmal überraschend.

Beispiel 1
Frau Siegenthaler ist Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Alpha Tech GmbH in Olten (Schweiz), welche im Maschinenbau tätig ist. Sie wohnt mit ihrer Familie in Solothurn (Schweiz). Vor zwei Jahren hat sie sich privat an der Hinz und Krause GmbH & Co. KG in Herne (Deutschland) beteiligt, welche einen Gemüsegrosshandel betreibt. Das Investment in die deutsche GmbH & Co. KG sieht sie als Geldanlage, zumal das Unternehmen in einer komplett anderen Branche tätig ist. Nach einigen Verlustjahren wird Frau Siegenthaler für das letzte Geschäftsjahr ein Gewinnanteil von 35.000 EUR gutgeschrieben.

Wie ist der Fall aus Sicht der Sozialversicherung zu lösen?
Der Wohnsitz von Frau Siegenthaler ist in der Schweiz. Ihre Tätigkeit ist - hier gilt die Schweizer Sicht als Tätigkeitsstaat - eine unselbständige. Ihre Einkünfte aus der deutschen GmbH & Co. KG sind - hier gilt die deutsche Sicht - als selbständig zu qualifizieren. Sie kann nur in der Schweiz oder in Deutschland der Sozialversicherung unterstehen - nach den gemeinsamen Regeln schlägt hier das Pendel für die Schweiz aus. Es gelten für Frau Siegenthaler also die Schweizer Regeln. Das ist auch sinnvoll, denn hier hat sie ja ihren Lebensmittelpunkt. Dies führt aber auch dazu, dass auch über ihre Einkünfte aus der deutschen GmbH & Co. KG die AHV-Beiträge abzurechnen sind - es unterliegen ja auch die Einkünfte der selbständig Erwerbenden der AHV. Aus Sicht der AHV gehören auch diese Einkünfte zu den beitragspflichtigen - selbst wenn Frau Siegenthaler keine aktive Tätigkeit in der Gesellschaft ausübt. Frau Siegenthaler zahlt also, neben der Steuer, auf den Gewinnanteil aus der deutschen GmbH & Co. KG auch Rentenversicherungsbeiträge.

Beispiel 2
Herr Barnbrook ist Unternehmer aus Schleswig (Deutschland). Die Allform GmbH, an der er Mehrheitsgesellschafter beteiligt ist und der er als Geschäftsführer vorsteht, ist im Kunststoffspritzguss sehr erfolgreich. Die Gesellschaft hat Tochtergesellschaften in mehreren Ländern, so auch in der Schweiz. Die Allform (Schweiz) AG in Aarau (Schweiz) ist eine 100%-ige Tochter der deutschen Gesellschaft. Herr Barnbrook ist, neben dem lokalen Management, ebenfalls im Verwaltungsrat der Schweizer Tochter tätig und bezieht hier ein Gehalt, das ca. 10% seiner Gesamtbezüge ausmacht. Der Grossteil der laufenden Einkünfte stammt aus seinem Geschäftsführervergütung in Deutschland.

Wie ist hier die Sozialversicherungssituation?
Herr Barnbrook ist offensichtlich in Deutschland beheimatet. Seine Tätigkeit als Geschäftsführer der deutschen Gesellschaft ist aus der Sicht des Tätigkeitsstaats zu beurteilen und gilt als selbständig, da er Mehrheitsgesellschafter ist. Seine Einkünfte aus der Schweizer AG - hier gilt wiederum die Schweizer Sicht als Tätigkeitsstaat - sind als unselbständig einzuordnen. Dabei gilt eine Tätigkeit als Verwaltungsrat aus Sicht der AHV nie als unwesentlich, da man entsprechendem wirtschaftlichen Gewicht ausgeht, auch wenn der Anteil am Gesamteinkommen vielleicht nur gering ist. Da nach den gemeinsamen Regeln die unselbständige Tätigkeit gegenüber der selbständigen Vorrang hat, ist Herr Barnbrook überraschenderweise der Schweizer Sozialversicherung unterstellt. Da aus Schweizer Sicht auch die Tätigkeit für die deutsche GmbH ebenfalls sozialversicherungspflichtig ist, muss der in Deutschland beheimatete Herr Barnbrook auf seine gesamten Bezüge - egal ob aus Deutschland oder der Schweiz stammend - Sozialversicherungsbeiträge in der Schweiz abführen. Für Herrn Barnbrook wird dabei überraschend sein, dass es bei der AHV keine Obergrenze für die Ablieferung von Rentenversicherungsbeiträgen wie in Deutschland gibt - es wird über die gesamte Vergütung abgerechnet, auch wenn dem kein äquivalenter Versicherungsanspruch gegenübersteht. Dies ist die soziale Komponente der AHV-Beiträge.

Die beiden Beispiele zeigen, dass man neben der Steuersituation auf jeden Fall auch die Sozialversicherung im Blick behalten muss. Für viele Konstellationen gibt es Lösungen, damit keine unerwünschten Sozialversicherungsfolgen eintreten - man muss die Probleme nur im Vorhinein erkennen.

Daniel Ziska
Treuhänder (CH), Steuerberater (DE), Fachberater für Internationales Steuerrecht
GPC Tax Unternehmerberatung AG Steuerberatungsgesellschaft AG Berlin / Bern
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